Wallacher: Lieber Eddy, sogenannte „100-Tage-im-Amt-Interviews“ kennt man ansonsten eher von Vorständen in DAX-Unternehmen. Auch wenn du und die Vorstandsmitglieder sicher nicht ganz 16 Stunden am Tag für das „Unternehmen Bürger-Schützen-Verein Kapellen“ tätig sind, finde ich es sehr passend, den Mitgliedern unseres Vereins auf diese Weise teilhaben zu lassen an dem, was den frisch gewählten Mann an der Spitze nach etwas mehr als 100 Tagen bewegt.
Die Arbeit im Vorstand des BSV ist für dich ja alles andere als neu, allerdings bist du durch deine Wahl zum Präsidenten auf der Jahreshauptversammlung im vergangenen November in eine Rolle an geschlüpft. Bist du in deiner neuen Rolle schon angekommen?
Feuster: Der Weg vom Vize zum Präsidenten ist zwar nicht so weit, dennoch hat das Präsidentenamt nochmal eine andere Qualität. Als Präsident trägt man natürlich die Hauptverantwortung für die Entwicklung des Vereins.
Ich habe in meinem Leben schon oft Verantwortung übernommen, oder übernehmen müssen. Mir macht das auch Spaß, deshalb fühle mich in der neuen Aufgabe durchaus wohl.
Wallacher: Wie verstehst du die Rolle als Präsident im Vorstand?
Feuster: Ich mag es im Team zu spielen, gerne auch als Spielführer. Am Ende kommt es mir dabei aber immer auf die Mannschaftsleistung an. In diesem Sinne verstehe ich mich in der Rolle des Spielführers auch eher als Moderator und Motivator und weniger als Einzelkämpfer und allein entscheidender Generalist.
Wallacher: Hast du dir selber vor deinem Aufrutschen in das Präsidentenamt oder in den Wochen so etwas wie eine Agenda für deine jetzige Amtsperiode im Hinblick auf große Themen gegeben, die der Verein angehen soll?
Feuster: Der Bürgerschützenverein ist aus meiner Sicht DIE treibende Kraft für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Ort. Dies gilt nicht nur für 4 Tage Schützenfest, wobei es an diesen Tagen natürlich am deutlichsten wird!
Das Gemeinschaftsgefühl in unserem Heimatort zu fördern und zu pflegen, dafür zu sorgen, dass man sich als Kapellener kennt und nicht anonym in unserem Heimatort nebeneinander herlebt, das ist eine der Kernaufgaben unseres Vereins.
Das muss der BSV als Gesamtverein noch stärker nach außen hin erkennbar machen und weiter ausbauen.
Wallacher: Gleich zu Beginn hast du die Vorstandskameraden zu einer Klausur eingeladen. Vorweg, war es aus deiner Sicht eine lohnende Veranstaltung?
Feuster: Auf alle Fälle! Wir hatten losgelöst von der dicht gedrängten Tagesordnung die Gelegenheit, unsere Arbeit kritisch zu hinterfragen und erste Verbesserungsvorschläge gemeinsam konstruktiv zu erarbeiten.
Wallacher: Was waren für dich die wesentlichen Erkenntnisse?
Feuster: Es wurde für mich sehr deutlich, dass trotz aller Arbeitsbelastungen, die die Vorstandstätigkeit im BSV so mit sich bringt, der Teamgeist sehr ausgeprägt ist. Das ist mir nochmal besonders bewusst geworden und darauf lässt sich weiter aufbauen. Ein ausgeprägter Teamgeist ist aber auch wichtig für unsere Vorstandsarbeit, denn wir sind kein Gremium von Einzelkämpfern und Technokraten, die alleine vor sich hinarbeiten.
Es gibt aber auch noch ein paar Schwachstellen, die wir erkannt haben und die es aufzuarbeiten gilt.
Wallacher: Welche Konsequenzen ziehst du hieraus für dich als Präsident bzw. welche Konsequenzen muss der Vorstand als Ganzes hieraus ziehen?
Feuster: Zu den Schwachstellen gehört sicherlich, dass wir die Belastungen einzelner Vorstandsmitglieder nicht im Details kennen und diese noch mal genauer unter die Lupe nehmen müssen, um zu gerechteren Aufgabenverteilungen kommen. Denn, das muss auch mal gesagt werden, die zeitliche und zum Teil auch körperliche Beanspruchung einzelner Vorstandsmitglieder ist sehr hoch! Deshalb sind wir auch für jede Unterstützung dankbar.
Darüber hinaus gilt es, die Zusammenarbeit zwischen BSV-Vorstand und den einzelnen Korps zu intensivieren. Das „Wir-Gefühl“, das Gefühl „Wir sind der BSV-Kapellen“ könnte sicherlich noch ausgeprägter sein. Unsere Kapellener Schützen haben traditionell eine sehr hohe Identifikation mit den Korps, denen sie zugehörig sind. Ich wünsche mir eine ebenso starke Bindung mit dem Gesamtverein.
Wallacher: Hast du eine Vorstellung wie es im Verein in den nächsten Jahren mit dem Thema Kirmesplatz bzw. der Attraktivität oder gar des Standorts weiter geht und wie steht es um die Einbindung der „Kapellentaler“?
Feuster: Als stellvertretener Bürgermeister, der ich ja auch bin, weiß ich, dass die Verlagerung des Kirmesplatzes bei der Stadt aktuell kein Thema ist. Ich sehe hier auch keinen konkreten Handlungsbedarf. Zwischen Talstraße und Burghof fühlen wir uns als BSV, quasi mitten im Dorf, sehr gut aufgehoben. Um die Neubürger Kapellens, die jenseits der Bahnlinie – mehr auf dem Berg, denn in einem Tal gelegen – ein neues Zuhause gefunden haben, werden wir uns sicherlich bemühen. Die Annäherung braucht aber auch Zeit, nicht zuletzt, weil längst nicht alle Neubürger mit dem Schützenwesen in unserer Region vertraut sind.
Wallacher: In den letzten Jahren ist an verschiedenen Punkten festzumachen, dass die Präsenz der Schützen bei den Veranstaltungen des Gesamtvereins insbesondere aber beim Schützenbiwak oder auch schon fast traditionell beim BSV-Schießen nachlässt, während sie bei den Veranstaltungen der Korps eine deutliche höhere Resonanz zeigen. Stimmt dich diese Entwicklung nachdenklich?
Feuster: Die Angebotsvielfallt für Veranstaltungen in Kapellen hat in den letzten Jahren schon deutlich zugenommen. Die Teilnahme der Schützen an den BSV-Veranstaltungen sollte aber für jedes Mitglied eine Ehrenpflicht sein. Davon UND DAFÜR lebt der Verein, vor allem ideell. Aber auch finanziell sind BSV-Veranstaltungen wie bspw. die Vatertagsveranstaltung oder das Biwak von großer Bedeutung für den Verein, wenn man bedenkt, dass nur der geringere Teil der BSV-Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen stammt.
Wallacher: Mangelt es grundsätzlich an einer Identifikation mit dem Gesamtverein und wenn ja, wo siehst du den Vorstand in der Pflicht und was kann man hier vom dem Groß der Schützen überhaupt einfordern?
Feuster: Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass wir daran arbeiten müssen das „Wir-Gefühl“ zu stärken. Wir müssen aber wohl auch noch mehr positive Werbung für den BSV machen und die Notwendigkeit herausstellen, dass wir auf die Schützen angewiesen sind. Wir alle sind BSV, nicht nur der Vorstand. Ohne BSV aber wäre unsere Heimatort Kapellen um „Vieles“ ärmer, viele Geschichten niemals geschrieben und viele Gesichter vielen Kapellenern nicht bekannt.
Wallacher: Eddy, noch ein letzter Punkt: Was macht unser Kapellener Schützen- und Heimatfest für dich besonders aus?
Feuster: In meiner Funktion als stellvertretender Bürgermeister besuche ich viele Schützenfeste in der Stadt. Und für jeden Schützen in der Stadt ist „sein“ Schützenfest in „seinem“ Ort das schönste und beste. Und das ist gut so! Denn davon profitiert der Zusammenhalt der Menschen vor Ort.
Aber in der Tat: Das Kapellener Schützenfest hat etwas Besonderes. Die Kapellener feiern gut und sie feiern gerne. Kapellener sind offen, Gäste werden als Freunde und nicht als Fremde behandelt. Wir sind eine starke Gemeinschaft und das soll auch so bleiben!
Wallacher: Vielen Dank für das Gespräch und den offenen Einblick in deine Gedanken.
Archivbild: (Ex-Präsident) Friedhelm Barmeyer gratuliert dem frisch gewählten Edmund Feuster zu seiner Wahl.